Verteilerkasten 3: Alte Kirche mit Vorplatz um 1900

 

Auszug dem Buch von Dorothea Roters "Osterwick - Geschichte eines Dorfes im Münsterland" (1989: Laumann Verlag Dülmen/Westfalen, S. 179 - 185): 

 

Die erste Osterwick Kirche

 

Von der ursprünglichen Osterwicker Kirche ist heute nichts mehr erhalten.
Als Entstehungszeit für den ältesten Bestand des Gebäudes wird die Mitte des 13. Jahrhunderts angesehen. Geht man davon aus, dass es im Laufe des 9. Jahrhunderts, spätestens aber im 11. Jahrhundert zur Pfarrgründung in Osterwick kam, muss die Existenz einer Vorgängerkirche angenommen werden, da eine Pfarrei ohne Kirchengebäude undenkbar ist.

Zur Baugeschichte der Kirche

Als unverkennbares Wahrzeichen Osterwicks liegt im Osten des Dorfes die annähernd 30 Meter hohe Pfarrkirche Ss. Fabian und Sebastian. Dem Betrachter bietet sich ein imposantes Sandsteingebäude dar, dessen kupferne Kuppel und Turmdächer schon von weitem grün-schimmernd leuchten. Noch heute kann man die Spuren der Baugeschichte erkennen. Vier größere Eingriffe in die äußere und innere Gestaltung der Kirche wurden im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen.

Die staufische Hallenkirche

In der Spätzeit staufischer Architektur entstand der älteste, in Einzelheiten noch erkennbare Bau, die sogenannte „Westfälische Hallenkirche“. Die ursprüngliche Form der Kirche war durch ein fast quadratisches Langhaus bestimmt, an das sich im Osten der Chorraum und auf der gegenüberliegenden Seite der Westturm anschloss. Die Gewölbeanlage, die im Seiten- und Mittelschiff auf gleicher Höhe einsetzt, trug dazu bei, den Hallencharakter zu unterstreichen. Im Gegensatz zum Hauptschiff sind die Seitenschiffe nach dem Vorbild der Basilika errichtet. Sie bilden mit Pfeilern und Säulen ein Kreuzgewölbe. Die Verbindung der Hallenstruktur mit Basilika-Elementen lassen die Osterwicker Kirche als „Halle gebundener Ordnung“ einstufen. Geprägt wird dieser Bautypus durch eine mehr oder minder aufwendige Ornamentik. Vereinzelte Beispiele hierfür finden sich auch in der Osterwicker Kirche, wobei die Tiermotive der Pfeiler, das Schalksmotiv in der Apsis oder aber der den herabschauenden Christus darstellende Schlußstein im Chor zu nennen sind.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam es zur barocken Umgestaltung des Kircheninnern, was sich jedoch nur noch anhand weniger erhaltener Einzelstücke dokumentieren lässt.

Alte Ansicht von Averdieck
Alte Ansicht von Averdieck

 

Die neuromanische Erweiterung

 

Bis zum Beginn unseres Jahrhunderts bleiben die Grundzüge der Osterwicker Kirche weitgehend unverändert.
Im Laufe der verstrichenen sechs Jahrhunderte bot die Kirche zwar genügend Platz für die Osterwicker Gemeinde, der Bauzustand hatte sich aber immer mehr verschlechtert. Hinzu kam, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Kloster Varlar aufgehoben und im Anschluss daran die Klosterkirche abgerissen wurde. Die im Umkreis des Klosters ansässigen Gläubigen strömten nun ebenfalls in die Osterwicker Pfarrkirche, welche die gewachsene Zahl der Besucher nun nicht mehr zu fassen vermochte. Daher stellte man in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts Überlegungen zu einem Neubau an, die jedoch wegen der Wirren des Kulturkampfes nicht zur Ausführung kamen. Aus heutiger Sicht ist das Scheitern des Vorhabens positiv einzuschätzen, blieben doch so die alten Gebäudeteile der Kirche erhalten.

 

Um die Jahrhundertwende, während der Amtszeit von Pfarrer Wentrup, wurde die Planung wieder aufgenommen. 1898 hatte die Kirchengemeinde das Haus Nr. 71 im Dorf, an der Ecke Hauptstrasse/Elsen, von Dr. Lambert Schwering abgekauft, in dem das die Vikarie untergebracht war. Zwischenzeitlich bestand der Plan, an dieser Stelle eine neue Kirche zu errichten. Man kam jedoch zu dem Ergebnis, das Neubauprojekt zugunsten einer Erweiterung – unter Beibehaltung der alten Bausubstanz – zu verwerfen.

 

Die Bauvorhaben beschreibt Claus Seliger in seinem Kirchenführer von Osterwick aus dem Jahr 1982 folgendermaßen:

 

Eine Verlängerung in der Längsachse verbot sich aus ästhetischen Gründen, da das Mittelschiff der Kirche nur 8 Meter hoch ist. So plante man, die Kirche um ein Oktagon zu erweitern, und zwar in der ganzen Breite der alten Kirche. Ringförmig erweitert sich das Achteck um je ein Joch nach den alten Maßen. Der rechteckige Chorabschluss wurde an die Stelle des neu zu errichtenden versetzt mit zwei nebengeordneten Apsiden. Als künstlerisches Gegengewicht zur Kuppel wurden dem alten Westturm zwei höhere Glockentürme flankierend zur Seite gestellt.

 

Um den nötigen Platz für die neue Baugruppe zu schaffen, mussten mehrere der den Kirchhof umrahmenden Häuser von der Kirche angekauft und abgerissen werden (Steinbicker, Richters, Isfort). Im September 1907 wurde unter der Leitung von Prof. L. Becker aus Mainz mit der Baumaßnahe begonnen, sie konnte aber wegen des Weltkrieges erst 1922 abgeschlossen werden.

Die Kircheinweihung am 12. September war für Osterwick ein besonderer Festtag. Nicht nur der Umbau der Kirche hatte einen Abschluss gefunden; gleichzeitig wurde die 25jährige Amtszeit in Osterwick, das 50jährige Priesterjubiläum und der 75. Geburtstag des Pfarrers feierlich begangen.

 

Hier finden Sie weitere interessante Verteilerkästen mit historischen Fotos in Osterwick (bitte klicken).

 

Luftaufnahme der Kirche
Luftaufnahme der Kirche
Die alte Kirche mit Platz für die neue Kuppel.
Die alte Kirche mit Platz für die neue Kuppel.

DVD - Osterwick im Jahr 1937

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