Fliegerangriff in Darfeld am 28. 11. 1944

Es ist richtiges Fliegerwetter, und es brummt in allen Ecken. Um 8.10 Uhr bis 9.05 gab es Vollalarm, 9.25–9.30 Luftwarnung, 9.30 bis 9.45 Vollalarm, 9.45–10.40 Luftwarnung, 10.50–11.30 Luftwarnung, 11.55 bis 13.30 Luftwarnung. Schon den ganzen Vormittag hörten wir aus der näheren und weiteren Umge­bung Bombeneinschläge, Krachen der Bordwaffen und das Schießen der Flak. Mehrere Male wurde das Haus heftig erschüttert. Ich verfolgte des öfteren die Flugrichtung der über uns wegfliegenden Feindflieger. Wir sind beim Mittages­sen. Plötzlich hörten wir das Schießen der Bordwaffen und der leichten Flak. Ich laufe nach draußen und sehe in Richtung Höpingen 6 feindliche Maschinen, die den von Horstmar kommenden Güterzug wüst bearbeiten. Die Flak dieses Zuges antwortet heftig. Meine Versuche, mit Höpingen zu telefonieren sind erfolglos. Gegen 12.30 Uhr ist plötzlich ein mörderisches Gebrumm in der Luft. Wir ver­schwinden schnell in unserem Keller. Da hämmern auch schon die Vierlinge der Eisenbahnflak. Um mir nichts entgehen zu lassen, nehme ich hinter einem Mau­ervorsprung Deckung und beobachte gespannt. Es sind 11 Feindmaschinen, die wie wild kurbeln. Mein Vetter Bernard Benning, der zu mir wollte, hatte sich lang hingeworfen und Herr Palz mit 2 Kindern hatte hinter unserm Torbogen Deckung gesucht. Ich rufe diese schnell und dränge sie in den Keller herunter. Herr Palz schiebt sich neben mich. Das Schießen ist toll. Ich schmeiße zufällig einen Blick nach links in Richtung Wohnhaus Bölte und sehe in ca 20 m. Höhe 2 Feindmaschinen direkt auf mich zukommen. Ich will verschwinden, bautsch, da fliegt mir schon Dreck ins Gesicht. Auf kürzeste Entfernung war ein Geschoß aus der Bordkanone eingeschlagen. Die amerikanischen Jäger kreisen dauernd. Es sind hauptsächlich 2 tollkühne Burschen, die die Flak, die aus allen Rohren feuert, angreifen. Dann biegen sie ab in Richtung Billerbeck. Wir gehen ums Haus und finden eine Anzahl Einschläge auf dem Boden. Auch das Dach, Dach­rinne und Fenster sind beschädigt. Um 12.50 Uhr kommen nochmals 7 Maschi­nen in mittlerer Höhe, die unbeschossen passieren. Da erreichte mich die Nach­richt, daß bei dem Holzhändler Joh. Klostermann mehrere Tote sein sollen. Die tel. Verbindung ist nicht herzustellen. Ein Soldat sagt mir, daß am beschossenen Zug bei Höpingen ebenfalls Tote und Verwundete sein sollen. Ich ziehe schnell mein Auto heraus, alarmiere das Sanitätspersonal der Wehrmacht nehme 2 Sa­nitätssoldaten mit und fahre nach Jeusfeld. Dort liegt schon ein Schwerverwun­deter, den wir gerade verbinden wollen, als Herr Dr. Dercken kommt. Der Ver­wundete hat einen Lungensteckschuß, eine große Fleischwunde am rechten Fuß und am Kopf eine kleine Verletzung. Der Verwundete wird verbunden, und ich gehe mit Herrn Dr. Dercken und dem eben eingetroffenen Unterarzt der Wehr­macht zum Zug. Die Lokomotive ist mehrfach getroffen, an der Böschung liegt mit dem Gesicht nach unten der tote Zugführer. Er hat eine gräßliche Wunde von einem Explosivgeschoß oberhalb des Gesäßes. Außerdem ist der linke Arm vollständig zerschossen. Gerade ordne ich an, daß der Tote zur Leichenhalle des Krankenhauses zu transportieren ist, als wieder ein mächtiges Gebrumme ein­setzte. Alles spritzt auseinander. Ich finde etwas Deckung am Rande eines Ba­ches. Es sind ca 50 Maschinen, die in niedriger Höhe über uns wegbrausen. Gott sei Dank kümmern sich die Flieger nicht um uns. Ich stelle dann die Personalien fest, der Tote, ein älterer sehr sympatisch aussehender Mensch, ist

Gerhard Bowe aus Epe

der Schwerverwundete:

Gerhard Leubers aus Gronau

und der am Kopf leicht Verwundete heißt:

Otto Hübscher aus Gronau.

Ich fahre dann zum Hause Klostermann, der Tote ist bereits fortgeschafft zur Leichenhalle des Krankenhauses. Es ist der evakuierte Landwirt Josef Bongartz aus Krickelberg bei Rathein Kr. Erkelenz. Die Gerüchte stimmten erfreulicher­weise nicht, es blieb nur bei diesem Verlust. Mit dem Gendarmeriebeamten Schlief fahre ich zum Krankenhaus und informiere von dort aus tel. unsern Bür­germeister. Der tote Zugführer ist noch nicht eingetroffen. Ich fahre deshalb nochmals zurück und treffe am Bahnübergang den Herrn Jeusfeld mit einem Wagen, worauf der Tote liegt. Auch er wird nun zur Leichenhalle gebracht. Es sind die ersten Toten, die durch Feindeinwirkung in Darfeld gefallen sind, mö­gen es die letzten sein.

Der Oberfähnrich der Eisenbahnflak erklärte mir, daß sie bei den Angriffen in ca ½ Stunde 2500 Schuß abgefeuert hätten.

F. Benning.

 

Darfeld, den 28. November 1944.

DVD - Osterwick im Jahr 1937

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