Der ungekürzte Originalbericht von Dr. Herbsthoff:

Die letzten Märztage 1945 in Osterwick.

In der Passionswoche 1945 wurde die Stadt Coesfeld durch zahlreiche Bom­berverbände bei Tage zum größten Teil vernichtet. Der erste Angriff wurde am Mittwoch, den 21. 3. 1945 (Frühlingsanfang) vormittags gegen 11 Uhr von rund 60–70 Feindbombern durchgeführt, nachdem bereits am Sonntag, den 18. 3. und Montag, den 19. 3. Jagdbomber das Bahngelände heftig bombardiert und ver­schiedene Züge (Truppentransporte und Munitionszüge) in Brand geworfen hatten.

Die Freiw. Feuerwehr Osterwick wurde am Nachmittag des 21. 3. 1945 alar­miert und hat einen weiteren Angriff am Spätnachmittag in der Stadt Coesfeld mitgemacht. Auch die Freiw. Feuerwehr Holtwick war zum Einsatz nach Coes­feld befohlen, hatte die brennende Kreissparkasse abgelöscht, als sie in einen neuen Bombenangriff geriet. Ein Volltreffer zerstörte die Kreissparkasse und begrub die Motorspritze der freiw. Feuerwehr Holtwick unter den Trümmern. Leider wurde bei diesem Angriff auch der Feuerwehrmann Josef Wilde aus Holtwick, Kspl. 73 durch Bombensplitter und Gesteinstrümmer tödlich getrof­fen. Seine Leiche konnte von den Holtwicker Kameraden geborgen und nach Holtwick überführt werden.

Aus der an zahlreichen Stellen hellbrennenden Stadt Coesfeld strömten die Menschen, die obdachlos geworden waren, in Richtung Osterwick und Holt­wick. Auf vielen Bauernhöfen, insbesondere in den Bauernschaften Midlich und Höven wurden alle Hilfesuchenden gastfreundlich aufgenommen. In vielen Häusern wohnen z. Zt. noch 30–40 Obdachlose aus Coesfeld. Weitere schwere Bombenangriffe gingen über die Stadt Coesfeld im Laufe des Donnerstag, den 22. 3. und Freitag, den 23. 3. 1945 hinweg. Die Innenstadt ist zu 100 % ver­nichtet.

In den nächsten Tagen wurden das Bahngelände in Darfeld und Holtwick wiederholt von feindlichen Jagdbombern mit Bomben beworfen.

In der folgenden Karwoche setzte vom Dienstag, den 27. 3. ab der Rückzug der deutschen Wehrmacht aus dem niederrheinischen Gebiet ein. Bei Tag und Nacht strömten die verschiedensten Waffengattungen, oft in sehr bemitleidens­wertem Zustande durch Osterwick in Richtung Darfeld nach Osten. Auf ver­schiedenen Bauernhöfen wurden Pferde und Wagen von der deutschen Wehr­macht requiriert und sind spurlos verschwunden.

 

Im Amtsgebäude Osterwick hatte von Mitttwoch, den 28. 3. bis in der Nacht von Donnerstag, den 29. 3. auf Freitag, den 30. 3. 1945 der General Meindel für seine ganze Heeresgruppe einen Meldekopf von Fallschirmtruppen errichtet, die noch einen sehr disziplinierten Eindruck machten. Während der beiden Nächte vom 28. auf 29. 3. und vom 29. auf 30. 3. 1945 war ein ständiges Kommen und Gehen auf dem Amtsbüro von Kurieren, die sich nach der Unterbringung der verschiedensten Truppengattungen erkundigten.

Bau der Panzersperre am Ortseingang von Osterwick.

Die fertige Panzersperre.

Gegen 3 Uhr in der Nacht von Donnerstag, den 29. 3. auf Freitag, den 30. 3. 1945 wurde der Meldekopf zurückgenommen und die Panzersperre von einzel­nen Posten der Wehrmacht besetzt. Die Posten sollten ein vorzeitiges Schließen der Panzersperren verhindern, da noch der Durchmarsch weiterer Truppen zu erwarten sei. Dieses wurde von uns sehr begrüßt, da gerade Osterwick das größte Interesse daran hatte, die Panzersperre nicht zu schließen. Am Karfrei­tagmorgen gegen 7 Uhr rückte ein Hauptmann mit 50 Mann, ausgerüstet mit Panzerfäusten, in das Dorf ein und forderten von mir, ihnen am Dorfrand zur Verteidigung des Dorfes Stellungen anzuweisen. Ich habe dringend gebeten, die Verteidigung des Dorfes mit Rücksicht auf die große Anzahl von Verwundeten im Krankenhaus und Ausweichkrankenhaus Coesfeld (Dorfschule) möglichst weit vom Ort einzurichten und hierbei auch bei dem führenden Offizier, Haupt­mann Beck aus Aichach-Oberbayern, größtes Verständnis gefunden.

Wiederholt wollten dann durchziehende Truppen die Panzersperre schließen, da der Engländer bereits Coesfeld und Gescher erreicht hatte.

 

Durch nachdrücklichen Hinweis auf die große Zahl der Verwundeten und evakuierten Frauen und Kinder wurde aber immer wieder ein Schließen der Panzersperre vermieden.

Zwischen 12 und 1 Uhr mittags wurde eine große Anzahl Feindpanzer vom Dorfe aus beobachtet, die aus Richtung Holtwick kommend bei der Wirtschaft Tombeil nach Norden auf Asbeck abbogen. Von dieser Zeit an stand an der Wegkreuzung bei der Wirtschaft Tombeil engl. Militärpolizei und regelte den Verkehr. Das Dorf war frei von deutschen Soldaten; die Panzersperren offen. Jeden Augenblick wurde der Durchmarsch englischer Panzer erwartet. Kurz darauf kamen 8 motorisierte Drillingsgeschütze der leichten Flak durch die Sperre gefahren. Die Besatzung sprang ab und wollte mit Gewalt die Panzer­sperre schließen, da sie die letzte deutsche Truppe seien. Auch hier gelang es noch durch wiederholte Hinweise auf die Notlage des Dorfes (Verwundete und Evakuierte) ein Schließen zu vermeiden. Leichte Flakgeschütze, die bereits we­nige Stunden vorher an der Straße nach Lutum, in Höhe der Dorfschule auf dem Hofe Stening und beim Hofe Wwe. Ficker in der Dorfbauernschaft in Stellung standen, waren in den Mittagsstunden von dem verantwortlichen Führer ge­sprengt, da ein Abtransport durch Pferde nicht mehr möglich war.

 

Gegen 3 Uhr nachmittags wurden mehrere Geschütze der leichten Flak im In­nern des Dorfes in Stellung gebracht. Ein Geschütz fuhr auf den Bürgersteig vor dem Hause August Vestert, ein zweites Geschütz stand hinter der Panzersperre bei Schrage, ein 3. Geschütz auf der Hauptstraße vor dem Hause des Gastwirts Nonhoff und ein viertes Geschütz in der Nähe des Krankenhauses in Stellung. Diese 4 Geschütze waren einem Hauptmann Nikolei unterstellt.

Mit dem Chefarzt des Krankenhauses Coesfeld, Dr. Löbker, habe ich Herrn Hauptmann Nikolei, der seinen Gefechtsstand am Hause Arlt aufgestellt hatte, sofort aufgesucht und ihn dringend gebeten, die Verteidigung vor oder hinter dem Dorfe einzurichten, um eine Katastrophe für das ganze Dorf zu vermeiden. Leider fanden wir nicht das geringste Verständnis und bekamen zur Antwort: „Ich habe den strikten Befehl, das Dorf Osterwick bis zum Letzten zu verteidi­gen. In jedem Dorfe sind heute Verwundete in den Krankenhäusern und Laza­retten untergebracht. Ich kann hierauf keine Rücksicht nehmen. Sorgen Sie da­für, daß alle Verwundeten wenigstens 100 m aus dem Dorfe herausgebracht werden.“ Nach Angabe des Dr. Löbker befanden sich unter den Verwundeten viele in Streckverbänden, die unmöglich transportiert werden konnten. Wir gin­gen ergebnislos in das Dorf zurück.

 

Eine Stunde später, gegen 17 Uhr, ereignete sich direkt vor dem Amtsgebäude folgender, bezeichnender Vorfall:

Ein Oberfeldwebel, welcher 9 Jahre Soldat war, erhielt von seinem Leutnant den Befehl, sofort die beim Amt befindlichen Panzersperren zu schließen. Der Oberfeldwebel weigerte sich und erklärte: „Herr Leutnant, ich kann die Panzer­sperre nicht schließen, da ich immer an die verwundeten Kameraden in Oster­wick denken muß. Ich verweigere den Befehl.“ Auf erneuten dienstlichen Be­fehl, die Panzersperre zu schließen, gab der Oberfeldwebel zur Antwort: „Ich tue es nicht. Ich wohne 14 km. von hier entfernt in Nienborg-Heek und melde mich hiermit ab.“ Der Oberfeldwebel glaubte dann, der Leutnant wolle zur Pi­stole greifen, sprang über die vor dem Amt befindliche Ligusterhecke und legte seine Maschinenpistole in Anschlag auf den Leutnant, um ihn zu erschießen. Im selben Augenblick sprang ein Soldat dazwischen und legte dem Oberfeldwebel die Hand auf die Schulter und sprach auf ihn ein. Der Oberfeldwebel klappte zusammen und begann heftig an zu weinen. Der Leutnant erklärte mir: „Das ist mein bester Zugführer; ich nehme ihm persönlich diesen Vorfall in keiner Weise übel. Die Nerven gingen mit dem Mann durch. Er hat dabei nur an die verwun­deten Kameraden und die Frauen und Kinder im Dorfe gedacht. Ich selbst habe noch vor 8 Tagen durch einen ähnlichen sinnlosen Befehl eine ganze Batterie verloren.“ Er zeigte mir darauf, den auf einem kleinen Zettel mit Bleistift ge­schriebenen schriftlichen Befehl seines Hauptmanns, Nikolei, das Dorf bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone zu verteidigen. Hauptmann Nikolei hatte inzwischen mit einem Kraftwagen das Dorf Osterwick verlassen.

 

Ich habe den Leutnant dann nochmals gebeten, mit seinen völlig unzurei­chenden Waffen und wenigen Leuten keinen sinnlosen Widerstand zu leisten und das Dorf vor der Vernichtung zu bewahren. Er befand sich in einem schwe­ren Konflikt und wies immer wieder auf den ihm gegebenen schriftlichen Befehl hin. Auf mein Drängen hin ging er dann mit mir zum Hause Dr. Dercken, in dem Hauptmann Beck sich um diese Zeit aufhielt. Beide habe ich dann noch­mals dringend gebeten, Osterwick zu schonen und noch in letzter Minute einen Ausweg zu finden. Beide hatten größtes Verständnis für unsere Notlage, konn­ten jedoch nicht von sich aus den gegebenen Befehl ändern. Ich ließ sie dann allein, um unter sich noch einen Ausweg zu finden. Kaum hatte ich das Sprech­zimmer verlassen, da knallten schon die Maschinengewehre der von Midlich anrückenden Feindpanzer. Der Leutnant sprang aus dem Hause heraus und lief über das Gartengrundstück Thoms und Holtwicker Chaussee ins Dorf. Ich selbst nahm den direkten Weg zum Dorfe zurück. Als ich in Höhe des Hauses Elke­mann war, knallten wieder die Maschinengewehre in Richtung Dorf. Ich kam glücklich bis zum Amtsgebäude. Da fiel vor mir die erste Hälfte der Panzer­sperre zu. Der Leutnant hatte mit vorgehaltener Pistole seine Leute zum Schlie­ßen gezwungen [Am Rand: 1740 um]. Als ich mitten auf der Straße stand und mich umsah, stand bei Kersting der Führungspanzer und hinter ihm ragte ein schwerer Cherman-Panzer hinweg. Ich sprang schnell in den beim Amtsgebäude befindlichen Deckungsgraben. In diesem Augenblick dröhnte die Detonation einer Handgranate, welche die zweite Halfte der Panzersperre zuwarf. Nach wenigen Schüssen der deutschen Wehrmacht antwortete der Panzer mit Maschi­nengewehren, zog sich ein Stück zurück und schoß dann 2 Panzergranaten ab, welche den Giebel des Hauses Münstermann durchschlugen und einen Teil des Hauses in Brand setzten. Kurze Zeit wurde dann noch mit leichter Munition auf die Panzersperren geschossen. Für kurze Zeit trat dann Stille ein. Wir erwarteten jeden Augenblick, daß durch das Funkgerät der Panzer Jagdbomber oder Artille­rie herangezogen würden, um die Panzersperren zu zerstören. Vom Deckungs­graben aus sahen wir dann, daß ein englischer Soldat zwischen dem Hause Ker­nebeck und dem Schuppen Sickmann kniete und eine Maschinenpistole in An­schlag auf die Panzersperre hielt. Bald darauf sprangen mehrere Engländer auf die Panzersperre und lagen oben flach im Anschlag. Der Führungspanzer fuhr dann vor. Ich ging sofort mit einem weißen Tuch auf den Kommandanten zu. Er fragte mich: „Ist hier noch ein Bürgermeister?“ Auf meine bejahende Frage sagte er mir: „Sie haben für Ihr Dorf großes Glück gehabt. Wenn noch eine halbe Stunde Widerstand geleistet worden wäre, wäre durch Flieger und Artille­rie das ganze Dorf vernichtet worden. Holen Sie sofort alle Männer des Dorfes aus den Häusern und alle noch vorhandenen Soldaten.“ Ich habe dann die Män­ner des Dorfes zusammengerufen. Als ich in Höhe der Wirtschaft Leo Veltkamp war, erfolgte eine Detonation in Richtung Kirchplatz. Durch eine Handgranate hatte man in diesem Augenblick auch die zwischen Grüner und Böcker befindli­che Panzersperre gelöst. Ich sah noch, wie deutsche Soldaten in Richtung Dar­feld und Lutum über die Felder flüchteten. Widerstand ist an dieser Panzersperre nicht geleistet worden.

Als ich mit den Männern des Dorfes zurückkam, forderte der englische Ka­pitän, welcher sehr gut deutsch sprach, mich auf, sofort die Panzersperren zu beseitigen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit waren mit vereinten Kräften die Tonnen der Panzersperren beim Amte, bei Schrage und bei Grüner zur Seite gerollt. Das im Dachstuhl brennende Haus Münstermann wurde inzwischen durch einige Männer und viele Frauen und Mädchen aus dem Dorfe abgelöscht.

Als der engl. Kapitän mit mir durch das Dorf ging und beim Jugendheim ein Drillingsgeschütz der leichten Flak stehen sah, rief er noch 2 andere Offiziere hinzu und machten sich lustig über diese gegen Panzer völlig harmlose Waffe. U. a. sagte er: „Das ist echt nationalsozialistisch, Menschen mit solchen Waffen gegen Panzer in den Tod zu treiben.“

Nach Beseitigung der Panzersperren rollten viele schwere, stark bestückte Panzer in das Dorf Osterwick und fuhren auf den Plätzen bei Schrage, am Ju­gendheim und auf dem Kirchplatz auf. Als es inzwischen dunkel geworden war, durchzogen Streifen englischer Soldaten mit Maschinenpistolen sämtliche Häu­ser der Hauptstraße, Brinkstraße und Elsenstraße. Sie durchsuchten sämtliche Räume, angeblich nach noch vorhandenen deutschen Soldaten. In dieser Nacht haben sich 800 englische Soldaten im Dorfe Osterwick einquartiert. Alle Häu­ser, welche als Quartier bezogen wurden, mußten sofort von jeder Zivilperson geräumt werden. Die Hausbewohner wurden dann bei Nachbarn untergebracht.

Auf dem Hofe Schulze Averdiek sind allein in dieser Nacht 200 Mann ein­quartiert gewesen, haben den Hofbesitzer mit seiner Familie auf einem Flur eingesperrt und für sich das ganze Haus in Anspruch genommen. Die vorhande­nen Lebensmittelvorräte wurden zum größten Teil mitgenommen und das Haus in einem sehr unordentlichen Zustande zurückgelassen. In verschiedenen ande­ren Häusern des Dorfes Osterwick hat man sich in ähnlicher Weise einquartiert, u. a. bei: Gasthof Nonhoff, Schreiner Heuing-Röschenkemper, Kochschule Schwester Columba, Viehhändler Prinz, Uhrmacher Hans Nonhoff, Schreiner Mussinghoff, Ww. Wellen, Wilhelm Wulf, Kaufmann Bernard Albers, Ww. Thomas-Brink, Briefträger Vöcking, Bäcker Georg Wolbeck, August Vestert.

 

Am anderen Morgen (Karsamstag) sind diese ersten Fronttruppen weiter in Richtung Darfeld gezogen. Seither rollen unaufhörlich Panzer und Lastwagen aus Richtung Holtwick durch Osterwick in Richtung Darfeld. Gegen 11 Uhr vormittags wurde noch von mehreren englischen Soldaten versucht, den Geld­schrank des Uhrmachermeisters Hans Nonhoff mit Handgranaten zu sprengen. Die Wohnung wurde hierbei stark beschädigt.

Bis zu diesem Zeitpunkt verhielten sich die ausländischen Zivilarbeiter noch sehr ruhig. Eine völlig einwandfreie Haltung zeigten insbesondere die Franzo­sen, Holländer und auch wider Erwarten sämtliche Polen. Dagegen wurden die russischen Zivilarbeiter und -arbeiterinnen zum Teil recht aufrührerisch. Insbe­sondere unter dem Einfluß von Alkohol ließen sie sich zu schweren Plünderun­gen hinreißen. Auf meine wiederholten Vorstellungen bei englischen Offizieren erhielt ich u. a. folgende Antwort: „Wir bedauern das und verurteilen es, jedoch muß ich Ihnen sagen, die Russen haben ein Recht, so zu handeln. Deutschland hätte verdient, daß nicht Engländer, sondern Rußen nach hier gekommen wären. Denken Sie nur daran, was Ihre Soldaten in Holland, Belgien, Frankreich, Polen und Rußland sich haben zuschulden kommen lassen. Vieles davon ist Ihnen nie­mals gesagt worden, aber wir wissen es.“ Plünderungen durch Russen er­folgten u. a. auf den Bauernhöfen: Bayer-Eynck, Jörden, Söller, Lülf, Wasmer. Hierbei wurden insbesondere Wertsachen wie Ketten und Uhren und Fahrräder, Lebens­mittel u. ä. entwendet. Auf dem Hofe Wasmer wurden sogar 3 deutsche Mäd­chen von Russen vergewaltigt. Daraufhin hat dann die englische Polizei Streifen eingesetzt, so daß in den letzten Tagen weitere Plünderungen nicht mehr be­kannt geworden sind.

An Einquartierungen von Besatzungstruppen waren in Osterwick bisher: 200 Amerikaner in der Ziegelei Kufuß, 100 Amerikaner auf Schloß Varlar, 50 Eng­länder auf dem Hofe Feldmann, 35 engl. Urlauber in den Gasthöfen Nonhoff und Grüner, englisches Zeltlager auf dem Sportplatz, englisches Zeltlager auf der Weide beim Hofe Schulze Averdiek, 300 Engländer in der Ziegelei Kufuß, 150 Engländer auf Schloß Varlar, 150 Engländer bei Meickmann-Feldkamp und seit gestern (19.4.1945) 20 Angehörige der engl. Militär-Polizei auf dem Hofe Muhmann in der Dorfbauernschaft.

Die Bevölkerung verhält sich gegenüber den Besatzungstruppen ruhig und zu­rückhaltend. Mit den wiederholt – oft mehrmals täglich – auf dem Amtsbüro erscheinenden Engländern und Amerikanern haben sich bisher keine besonderen Schwierigkeiten ergeben.

Der Aufforderung, die vorhandenen Schußwaffen und Munition sofort abzu­liefern, ist die Bevölkerung weitgehendst nachgekommen.

Ein großer Teil des verstreut herumliegenden Heeresgutes ist bereits von den Besatzungstruppen abgeholt. Leider müssen auch sämtliche Jagdwaffen mit Munition abgeliefert werden.

Zur Regelung des Verkehrs mußten auf Anordnung der Besatzungsbehörden in jedem Dorfe mehrere Hilfspolizeibeamte eingesetzt werden. Für Osterwick wurden: Wilhelm Weeke, Johann Müller und Heinrich Randerath, für Darfeld: Franz Berkenbrock und Anton Möllmann und für Holtwick: Karl Schumacher und Josef Bronstering eingesetzt.

Ein in das Krankenhaus Darfeld eingelieferter Kaplan Dr. Sarner aus Bottrop hatte auf der Durchreise in Coesfeld durch eine einstürzende Mauer schwere Quetschungen des Fußes erlitten. Eine Amputation des Fußes war notwendig.

Der Fahrer eines am Karfreitagmorgen in Osterwick stehenden Sanitätswa­gens (WH 1604682) erklärte sich sofort bereit, den Verwundeten von Darfeld nach Osterwick zur Operation zu bringen. Nach der Amputation hat dieser Wa­gen den Verwundeten nach Darfeld zurückgebracht und wurde auf der Rück­fahrt nach Osterwick in der Nähe des Hofes Schwering auf dem Rosendahl von feindlichen Tieffliegern angegriffen und in Brand geschossen. Der Wagen brannte völlig aus und von dem am Steuer sitzenden Fahrer, der nicht mehr rechtzeitig herausspringen konnte, wurde nur noch das Skelett gefunden.

 

Dieser Vorfall ist erst ungefähr 8 Tage später amtlich bekanntgeworden, so daß auch die Bergung des Toten erst am Donnerstag der folgenden Woche durch Schwestern des Krankenhauses Osterwick erfolgte. Ein Erkennungszeichen wurde nicht gefunden, da alles restlos verbrannt war. Der unbekannte tote Sol­dat, der sein Leben für einen Verwundeten geopfert hat, wurde auf dem Friedhof in Osterwick beigesetzt.

 

 

Dr. Herbsthoff

DVD - Osterwick im Jahr 1937

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